Kolumne: Warum Netzwerken für Frauen so schwierig ist

Dezember 2017

Warum Netzwerken für Frauen so schwierig ist

Jeder spricht von Netzwerken. Doch kaum jemand versteht, was wirklich damit gemeint ist. Vor allem Frauen „netzwerken“ zu wenig oder falsch und vergeben so wertvollen Chancen. Dabei ist es gar nicht so schwer.

Von Sandra Pabst

Es ist einer dieser Abende, wie sie immer wieder stattfinden. Eine Unternehmensberatung hat in ihre Räumlichkeiten in bester Berliner Lage eingeladen. Dicht gedrängt stehen wir Frauen in schicken Kostümen mit einem Glas Sekt in der Hand zusammen und machen das, was neudeutsch „Netzwerken“ heißt oder zumindest das, was wir darunter verstehen: Wir stellen uns vor, zücken unsere Visitenkarten und hoffen auf den nächsten wichtigen Kontakt, Auftrag oder tollen Job.

Ziel solcher Veranstaltungen soll sein, wie die Organisatoren gern vollmundig verkünden, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen, ihren Einfluss vergrößern und eine starke profitable Gemeinschaft bilden. Das Ergebnis solcher Veranstaltungen sieht häufig so aus: Ein Großteil der Visitenkarten verstaubt später in Schreibtischschubladen oder landet gleich im Papierkorb. Von den Teilnehmerinnen kennt man zwar die Namen und weiß, wo sie arbeiten, mehr aber auch nicht.

Fakt ist, die besten Jobs und Aufträge erhält man nur auf Empfehlung oder weil man sich kennt. Dafür ist es in der Tat richtig, sich auf Veranstaltungen blicken zu lassen, mit den Teilnehmern zu reden und im Gespräch zu bleiben. Doch warum versprechen Männernetzwerke in der Regel Erfolg, während es bei Frauen oft heißt: Außer Spesen nichts gewesen? Warum glauben Frauen, dass es sie beruflich nach vorn bringt, wenn sie an reinen Netzwerkveranstaltungen teilnehmen, von denen oft nur die Veranstalter profitieren?

Männer wollen nichts Böses. Keiner verabredet sich gegen Frauen. Und doch stehen Frauen am Ende in der zweiten Reihe. Männer „netzwerken“ anders und besser als Frauen. Es ist an der Zeit, hinter die Kulissen zu blicken und sich die besten Tricks abzuschauen.

Der Beziehungsaufbau steht vor dem reinen Nutzen

„Eine wichtige Voraussetzung ist, dass mir die Person sympathisch ist“, sagt Andreas Fritzenkötter, Medienberater des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, über den Erfolg persönlichen Netzwerkens. Fritzenkötter gilt als einer der am besten vernetzten Menschen in Deutschland. Von Bundespräsidenten über Bundestrainer bis zu Konzernvorständen kennt er die wichtigsten Personen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Für ihn gilt: „Der Vorteil eines Netzwerks liegt für mich nicht darin, wie ich daraus unmittelbar für meine Arbeit profitiere, sondern was ich daraus für mein Leben ziehe.“ Denn Jobs würden sich permanent verändern. Wer die Menschen nicht mit seiner Persönlichkeit überzeuge, sondern nur auf seine berufliche Position setze, habe es am Ende schwer.

Dahinter steckt der Grundsatz, zunächst einmal eine Beziehung zu den anderen Menschen aufzubauen. Jeder verbringt gern Zeit mit Menschen, die ähnlich denken und ticken wie man selbst. Frau sollte also schauen und überlegen, was sie mit den Menschen in einem Netzwerk überhaupt verbindet.

 Reine Netzwerktreffen funktionieren nicht

Warum funktionieren reine Netzwerktreffen nicht? Weil es keine Gemeinsamkeiten und keine anderen Gesprächsthemen als Karriere und berufliches Fortkommen zwischen den Teilnehmerinnen gibt. Das reicht als abendfüllendes Thema nicht und wird schnell langweilig.

Vielmehr sind gemeinsame Aktivitäten und Sympathie das A und O. Frauen sollten also darauf achten, dass sie eine Aktivität, ein Hobby oder ein spezielles Thema finden, über das sie mit anderen reden und sich austauschen können. Nicht ohne Grund laden Firmen zum gemeinsamen Segeln oder anderen Aktivitäten ein: Sie bieten ihren Teilnehmern nicht nur ein buntes Wochenendprogramm, sondern auch die Chance zum Gedankenaustausch.

War man zwei, drei Mal auf diversen Veranstaltungen, greift die alte Schulhofregel: Man kennt die Gesichter, gehört irgendwie dazu. Beste Voraussetzung, um richtig ins Gespräch zu kommen und seine Persönlichkeit zu zeigen. Erst dann geht das Netzwerken los.

Aktiv Reden, nicht nur passiv Zuhören

Hat man diese Stufe überwunden, erleben viele Frauen oft folgendes Phänomen: Man sitzt mit einem Mann zusammen und dieser fängt an, von seinen großen beruflichen Projekten und Erfolgen zu erzählen. Frauen halten sich dann oft höflich zurück, hören zu, nicken aufmunternd und kommen zu kurz.

Was nett gemeint ist, hat einen Nachteil. Wie soll man ein mühsam aufgebautes Netzwerk in Anspruch nehmen, wenn die Personen gar nicht wissen, was einen umtreibt. Frauen müssen sich überwinden und aktiv erzählen, womit sie sich beruflich befassen, was sie benötigen und so den Teilnehmern eine Chance geben, Unterstützung und Hilfe anzubieten.

Whatsapp – das neue Netzwerk-Instrument

Interessanterweise wird auch der Messenger-Dienst Whatsapp beim beruflichen Netzwerken immer stärker genutzt. Allerdings anders, als wahrscheinlich vermutet.

Vor kurzem lernte ich einen Business Angel kennen, der in einige Projekte in Berlin investiert. Nach mehreren Gesprächen nahm er mich in eine seiner Whatsapp-Gruppen auf. Bald wunderte ich mich über die Meldungen, die von nun an tagtäglich in meinen Account eintrudelten. Angefangen von Fußballergebnissen bis hin zu lustig gemeinten Videoschnipseln. Alles Nachrichten, die mit dem eigentlichen Beruf und Geschäft überhaupt nichts zu tun hatten.

Was dahinter steckt? Männer sympathisieren mit anderen Männern, die ihnen ähnlich sind und die gleichen Interessen und Vorlieben pflegen.

Für Frauen muss das gleiche gelten. Um ein Netzwerk nutzen zu können, muss man verstehen, wie es funktioniert und was die Regeln sind.

Wer also aktiv in seinem Netzwerk kommuniziert, signalisiert damit, dass man im gleichen Team ist. Zugegeben, das ist für Frauen oft nicht einfach. Wichtig ist, das Ganze eher als Spiel zu betrachten, über den Dingen zu stehen und sich nicht aus den falschen Gründen aus einem Netzwerk herauszukicken. Wenn der Lieblingsclub eines Kollegen gewonnen hat, kann man das auch als Nicht-Fußballfan mit einem „Like“ goutieren. Über peinliche Witze sollte man in diesem Rahmen wohl eher hinwegsehen oder mit einem trockenen Kommentar kontern.

Wie „Netzwerken“ am Ende richtig funktioniert, zeigt im Übrigen folgendes Beispiel: Vor kurzem hörte ich von einer Bekannten, die eine erhoffte, gut dotierte Stelle bekam. Monate zuvor hatte sie sich lange mit der Marketingleiterin unterhalten, die sie eingestellt hatte. Das Hauptthema der Konversation: Keine Verkaufsstrategien, sondern wie man auf Langstreckenflügen am besten entspannt.

Die Autorin ist Kommunikationsberaterin und BILANZ-Kolumnistin.

https://www.welt.de/wirtschaft/bilanz/article171855872/Karriere-Warum-Netzwerken-fuer-Frauen-so-schwierig-ist.html