Kolumne: Wenn aus Papas Liebling die Firmenchefin wird
70.000 Familienunternehmen stehen jedes Jahr vor der Aufgabe, die Firmenspitze neu zu besetzen. Töchter sind selten die Wunschkandidatinnen. Dabei lohnt es sich natürlich auch für die weiblichen Nachfahren, diesen Weg einzuschlagen.
Von Sandra Pabst
Vor vielen Jahren flimmerte eine Staubsauger-Werbung über die deutschen Bildschirme, in der eine junge Hausfrau süffisant gefragt wurde, was sie denn den ganzen Tag so mache. Ihre schlagfertige Antwort: ich führe ein sehr erfolgreiches, kleines Familienunternehmen. Der TV-Spot wurde so beliebt, dass er in unzähligen Varianten wiederholt wurde. Der Werbespruch wurde zur Standardantwort vieler Frauen, die sich zu Hause um Haus und Familie kümmerten.
Frauen, traut euch
Für Frauen, die tatsächlich in Familienunternehmen aufgewachsen sind, könnte der einstige Werbespruch schnell Realität werden. Nach einer Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) suchen Familienunternehmen in 53 % der Fälle ihren Nachfolger in der eigenen Familie. Die Übergabe an eigene Mitarbeiter wählen 18 Prozent. Eine unternehmensexterne Lösung wählen 29 Prozent.
Bislang galten Töchter selten als Wunschkandidatinnen für die Unternehmensnachfolge. Sie sprangen oft nur als Notnagel in die Bresche, um die Firma weiterzuführen. Dabei sollten sie diese Karriereoption viel stärker bewusst in Betracht ziehen und ihren Brüdern oder externen Managern nicht kampflos das Feld überlassen. Denn noch nie waren die Chancen für Töchter besser als heute.
Das Unternehmen sitzt von klein auf am Tisch
Sicher, nicht jede Frau fühlt sich zu einem Maschinenbau- oder BWL-Studium berufen oder zu Elektromontage und Hochregallagern hingezogen. Doch Töchter in Familienunternehmen sind häufig nicht nur einfache Familienmitglieder, sondern halten bereits früh Firmenanteile. Von klein auf sitzt das Unternehmen mit am Tisch. Töchter sind mit der Materie vertraut, kennen die Branche, Schlüsselbegriffe, mögliche Probleme und die wichtigsten Player. Unternehmerisches Denken gehört für sie zum Alltag. Es gilt, dieses Wissen für sich zu nutzen, die Chance zu ergreifen und sein Interesse an der Firmenleitung zu bekunden.
Lencke Steiner ist Geschäftsführerin im familieneigenen Unternehmen „W-Pack“ in Bremen und der breiten Öffentlichkeit als Investorin in der TV-Show „Die Höhle des Löwen“ bekannt. Nach Ausbildung, Studium und ersten beruflichen Schritten außerhalb des Familienunternehmens stieg die heute 32-Jährige als Key-Account-Managerin ins elterliche Unternehmen ein und übernahm 2010 die Geschäftsführung.
Sie nennt einen weiteren wichtigen Punkt: „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man ein Unternehmen anvertraut bekommt mit dem Auftrag, es im bestmöglichen Zustand in die nächste Generation zu übergeben. Das ist eine große Aufgabe, die anspornt und an der man wächst.“
Chance, eigene Regeln aufzustellen
Für Frauen, die sich für Kinder und Karriere entscheiden ist die Doppelbelastung immens. Doch wo, wenn nicht im eigenen Unternehmen, ist die Chance größer, eigene Regeln aufzustellen, die beides miteinander leichter vereinbaren lassen?
Die eigene Familie als größter Gegner
Der größte Widersache für den Aufstieg ambitionierter Töchter in Vaters Firma ist meist die eigene Familie. Über 90 Prozent aller Familienunternehmen wurden eins von einem Mann, oftmals dem Vater oder Großvater, gegründet. Für viele Patriarchen ist es nicht vorstellbar, dass eine Frau an der Spitze des Unternehmens steht. Die Vorurteile reichen von „Die Branche ist nichts für Frauen“ bis „Du wirst doch eh bald heiraten“. Oftmals ist die Tochter zwar Papas Liebling in der Familie, aber der Patriarch sieht in ihr nicht die gut ausgebildete und hochmotivierte Führungskraft der nächsten Generation.
Schwierig wird es auch, wenn Seniors-Chefs nicht loslassen können und als graue Eminenz über allem schweben. Dann wird es für Nachfolger schwer, ihren eigenen Führungsstil zu entwickeln und Abläufe umzukrempeln. Auch Lencke Steiner kennt die Situation: „In Konflikten kommen auf einmal Familieninterna zur Sprache, die in normalen Unternehmen keine Rolle spielen.“
So gelingt die Übernahme der Spitze
Töchter sollten sich daher früh überlegen, in ihrer beruflichen Ausbildung gezielt auf eine auf das Unternehmen ausgerichtete fachlich relevante Vorbereitung zu setzen.
Sie sollten ihr Interesse im eigenen Haus deutlich bekunden.
Der Eintritt in das elterliche Unternehmen sollte als klarer Karriereschritt bewusst eingegangen werden.
Lencke Steiner empfiehlt zudem, berufliche Erfahrungen und Erfolge auch außerhalb des Familienunternehmens zu sammeln. „Man ist dann nicht nur die Tochter des Firmenchefs, sondern hat bereits bewiesen, dass man etwas kann. Das erhöht die Akzeptanz von Mitarbeitern und Firmen erheblich.“ Und was kann Frau als Firmenchefin mehr wollen, als Akzeptanz, Erfolg – und das Gefühl, an der richtigen Stelle zu sein.