Kolumne: Berufsleben – Wie mehr Frauen es an die Spitze schaffen

August 2017

Von Sandra Pabst

Ein Google-Mitarbeiter behauptet, Frauen seien aus biologischen Gründen nicht auf Erfolg gepolt. Doch nicht die Biologie hindert Frauen daran, sondern eine männlich dominierte Geschäftswelt, die Frauen das Leben schwer macht.  

Von Sandra Pabst

Ausgerechnet Google. Das Vorzeigeunternehmen der Neuzeit, dessen Suchmaschine unser Leben revolutionierte, hat einen Verräter in den eigenen Reihen:  James Damore. Der Google-Softwareentwickler hat ein „Manifest“ veröffentlicht, dessen Debatte das Sommerloch aktuell füllt.

Auf zehn Seiten erklärt uns der 28-Jährige, warum es mit der großen Karriere von Frauen in der Tech-Branche und bei Google einfach nicht klappt. Sie seien aufgrund ihrer Genetik dazu schlichtweg  nicht in der Lage und  spezielle Förderprogramme diskriminierend.

In der Tat, es ist zum Verrücktwerden:  Der Anteil von Frauen in technischen und anderen Führungspositionen bei Google in den USA liegt bei mageren 20 Prozent. Hierzulande ist es nicht besser:  Lediglich 14 Prozent aller Startups in Deutschland werden von Frauen gegründet. Der Anteil der Frauen in den Vorständen der börsennotierten Unternehmen dümpelt seit Jahren verlässlich im einstelligen Prozentbereich.

Lotusblumen im deutschen Wald

Obwohl wir Frauen in der westlichen Welt theoretisch alle Möglichkeiten haben, das Beste aus unseren Talenten und Top-Abschlüssen zu machen, besetzen wir oft nur die Nebenrollen, begnügen uns mit „dienenden Funktionen“. An der Spitze, also da,  wo es ums große Geld, um Macht und Einfluss geht, sind Frauen so selten, wie Lotusblumen im deutschen Wald.

Ja, es mag biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen geben. Doch der Grund, warum sich Frauen im Business so schwer tun, ist ein ganz anderer. Die heutige Geschäfts- und Arbeitswelt ist komplett auf Männer zugeschnitten und belohnt männliches Denken und Handeln. Die besonderen Fähigkeiten der Frauen, etwa im Sozialverhalten, spielen keine Rolle. Ob es uns Frauen passt oder nicht: Das Spiel ist männlich. Wer vorn dabei sein will, muss sich leider männlichen Regeln anpassen und ein Stück weit sein Bewusstsein ändern.

Hohe Leistungsbereitschaft, aber geringes Selbstbewusstsein

Die Natur gibt es vor:  Es sind die Frauen, die eine Geburt durchstehen müssen.  Kein Wunder, dass sie mehr Stehvermögen haben als Männer und schmerzunempfindlicher sind. Frauen haben meist eine hohe Leistungsbereitschaft, aber ein geringeres Selbst- und Sendungsbewusstsein. Bei Männern ist es tendenziell umgekehrt: oft ein hohes Selbstbewusstsein, aber nicht unbedingt leistungsfähiger. Männer lieben den Wettbewerb, messen sich und ihre Fähigkeiten von frühester Kindheit an.  Männer suchen das Risiko, Frauen streben nach Harmonie.

Bestes Beispiel: Nach dem Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen betonten die Spielerinnen in Interviews, wie nett man miteinander umgehen würde, wie harmonisch alles sei. Schön, dass Bundestrainerin Steffi Jones den Spielerinnen vorab noch Comic-Namen gab. Auf dem Platz traten „Bambi“, „Tinker Bell“, „Schlaubi Schlumpf“  oder „Supermaus“ gegen den Rest der Welt an. Doch statt niedlicher Kosenamen  wäre eine Portion  „Killerinstinkt“ auf dem Rasen wohl  besser gewesen.

Was heißt das jetzt für Frauen im Arbeits- und Geschäftsleben? Wir alle haben gern Menschen um uns herum, die ähnlich ticken und agieren wie wir selbst. Das gilt auch fürs Business.  Männer wählen in der Arbeits- und Geschäftswelt daher häufig Männer als Partner, weil diese die Codes verstehen.

Angeblich soll es noch 45 Jahre dauern, bis wir ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in deutschen Vorständen haben. Das hat die AllBright-Stiftung, die sich für Frauen in Führungspositionen einsetzt, kürzlich in einer Studie festgestellt.

So sind die Regeln

Schneller geht es, wenn Frauen sich die männlichen Spielregeln stärker bewusst machen und anwenden. Wichtig sind vor allem drei Dinge:

„Sprich, damit ich dich sehe“

Wer Erfolg haben will, muss Fachkompetenz haben. Noch wichtiger ist es, über seine Fachkompetenz auch zu reden. Sokrates wusste das schon vor mehr als zweitausend Jahren: Sprich, damit ich dich sehe.   Wer an den Top-Job oder den großen Auftrag will, muss sein Gegenüber von seiner Kompetenz überzeugen und hohe Erwartungen wecken. Hier heißt es reden, reden, reden.

Frauen müssen zeigen, wie gut sie sind. Viele Frauen tun sich schwer damit und regen sich über das vermeintliche „Gockelgehabe“ der Männer auf. Doch Bescheidenheit hinsichtlich der eigenen Erfolge und Fähigkeiten ist eine klare Fehleinschätzung des Spiels. Wer  will schon mit jemandem ins Geschäft kommen oder an eine Person Verantwortung übertragen, wenn diese nicht von sich selbst überzeugt ist.

Mut wird belohnt

Während  Frauen meist mehr abwägen, eher niedrigere Erwartungen wecken und ängstlicher sind, setzen Männer viel eher alles auf eine Karte, sind risikobereiter und betonen selbstbewusst: Das klappt schon. Das wird schon. Niemand kann ein Ergebnis voraussagen. Warum also nicht positiv und zuversichtlich an eine Sache herangehen? Mut wird belohnt.

„Killerinstinkt“ zeigen

Von Topmanagern heißt es, dass sie gern mit Frauen verhandeln. Der Grund ist weniger nett. Frauen geben oft zu schnell nach. Harmonie ist vielen Frauen wichtig. Ein Fehler, den Männer gnadenlos ausnutzen, um sich durchzusetzen. Unterbewusst befürchten viele Frauen auch den Verlust an Attraktivität, wenn sie sich hart in der Sache geben.

Dabei ist das Gegenteil der Fall. Sich durchsetzen, ist Teil des Spiels. Vor Frauen, die sich durchsetzen und nicht abspeisen lassen, haben Männer Respekt. Die Basis für eine erfolgreiche Verhandlung aber ist eine gute Vorbereitung und das klare Bewusstsein der Stärken der eigenen Position.

Ein solcher Mentalitätswechsel kommt nicht von jetzt auf heute. Aber es hilft, sich ein paar Punkte immer wieder klar zu machen, damit Frau nicht auf ewig die „Supermaus“ bleibt und stattdessen als „Superwoman“ den Lohn für viel und harte Arbeit einstreicht.

 

Die Kolumne ist am 14. August 2017 auf www.WELT.de für das Wirtschaftsmagazin BILANZ erschienen.

Hier geht es zur Kolumne auf WELT.de